Pressemitteilung -
Zellfreie Transplantat-DNA – Bessere Überwachung transplantierter Organe durch innovativen Biomarker
Daten einer prospektiven Validierungsstudie im American Journal of Transplantation veröffentlicht
- Zellschädigungen transplantierter Nieren und drohende Abstoßungen ließen sich schnell und deutlich frühzeitiger als mit etablierten Methoden erkennen.
- Empfänger von Spenderorganen können somit personalisierter und präziser therapiert werden.
- Im Ergebnis kann die Funktionszeit von Spenderorganen verlängert – und damit auch der Bedarf nach zusätzlichen Spenderorganen potenziell reduziert werden.
Göttingen/San Jose, 25.06.2019 - Der Nachweis zellfreier Transplantat-DNA (dd-cfDNA) bei nierentransplantierten Patienten eröffnet neue Chancen in der Transplantatüberwachung. Zu dieser Erkenntnis kommt eine Gruppe von Wissenschaftlern aus Göttingen und Stuttgart in einer großangelegten prospektiven Studie, die nun in der Online-Ausgabe des American Journal of Transplantation veröffentlicht wurde.1 Die Kohortenstudie wurde durch Mittel des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) vom Projektträger Jülich (PTJ) gefördert.
In der Studie an 189 Patienten nutzen die Forscher um Prof. Dr. med. Dr. h.c. Michael Oellerich (Universitätsmedizin Göttingen) und Prof. Dr. Ekkehard Schütz (Chronix Biomedical, San Jose/Göttingen) ein Liquid Biopsy basiertes Verfahren, um in mehr als 1.300 Einzelmessungen sowohl den absoluten Gehalt (copies/mL) als auch den relativen Anteil (%) der zirkulierenden dd-cfDNA im Blutplasma des Transplantatempfängers zu bestimmen. Mit dieser Methode lässt sich der Zelluntergang im Transplantat detektieren, denn Transplantat-DNA im Plasma entspricht biologisch nicht mehr lebensfähigen Transplantatzellen. Der dd-cfDNA-Wert ist daher direkt mit einer Schädigung des Transplantats korreliert. Die Ergebnisse zeigen, dass die methodische Empfindlichkeit es erlaubt, Abstoßungen zu einem sehr frühen Zeitpunkt sicher zu diagnostizieren. Dabei erweist sich der Nachweis der absoluten Konzentration von dd-cfDNA dem Nachweis des relativen Anteils als überlegen. Ein Vorteil der tatsächlichen Quantifizierung, die der in Deutschland entwickelte Test mit sich bringt, gegenüber der reinen Prozentbestimmung, wie sie in den USA üblich ist, war vermutet worden und konnte nun durch einen direkten Vergleich wissenschaftlich dokumentiert werden.
Zusätzlich zeigt die Studie die Möglichkeit, Unterimmunsuppression mit begleitender subklinischer Transplantatschädigung durch die Bestimmung der dd-cfDNA zu erkennen. Die Ermittlung der individuell notwendigen minimalen Dosis der Immunsuppressiva ist mit konventionellen Verfahren (z.B. Drug Monitoring) nur sehr schwer möglich.
Bislang fehlt im Bereich der Transplantationsmedizin ein zuverlässiger nichtinvasiver Biomarker. Traditionell gelten die Bestimmung des Serumkreatinins, das immunsuppressive Drug Monitoring und die invasive Entnahme von Organbiopsien als Goldstandard bei der Überwachung der Transplantatintegrität nach Nierentransplantation. Keine dieser Methoden gewährleistet jedoch ein optimales Monitoring: Serumkreatinin ist kein spezifischer Marker für eine Transplantatschädigung. Bei einem Anstieg des Serumkreatinins kann bereits eine deutliche Schädigung vorhanden sein. Die Konzentration von Immunsuppressiva kann genutzt werden, um Toxizität zu vermeiden, ist aber kein Indikator für eine Transplantatschädigung. Die notwendige Konzentration von Immunsuppressiva zur Unterdrückung der körpereigenen Immunantwort ist individuell unterschiedlich, und bei der Dosisreduktion sind subklinische Abstoßungen kaum erkennbar. Die invasive Entnahme von Gewebebiopsien ist limitiert und birgt ein gewisses Komplikationsrisiko. dd-cfDNA als innovativer nichtinvasiver Biomarker dagegen bildet die Organintegrität des Transplantats spezifisch ab, reagiert schnell und sehr empfindlich auf Veränderungen, vereint also viele Vorteile. Der klinische Zusatznutzen der dd-cfDNA wurde bereits in zahlreichen international publizierten Studien klar dokumentiert.
Die nun publizierte Studie von Oellerich et al. dokumentiert eine vielversprechende Perspektive: Durch den Nachweis von dd-cfDNA im Plasma nierentransplantierter Patienten können das Ausmaß einer Zellschädigung des Transplantats bestimmt, Abstoßungen zu einem frühen Zeitpunkt detektiert, histologische Befunde komplementiert und unnötige Biopsien vermieden werden (wird kein Anstieg der dd-cfDNA festgestellt, ist eine Abstoßung nahezu ausgeschlossen). Die dd-cfDNA zeigt zudem, ob eine Behandlung gegen die Organabstoßung anspricht.
Prof. Dr. Dr. Oellerich kommentiert die Ergebnisse: „Dieser Test hilft nicht nur, Abstoßungen frühzeitig zu erkennen, sondern auch eine Unterimmunsuppression festzustellen. Daher hat diese neue Laboruntersuchung einen Nutzen für die Steuerung personalisierter und minimierter Immunsuppression, der durch keinen konventionellen Marker erreicht wird. Der Test gibt auch Hinweise auf asymptomatische Schädigungen, welche zu einem irreversiblen Schaden führen können. Diese diagnostische Zusatzinformation könnte somit geeignet sein, das Langzeitüberleben von Transplantaten zu verbessern. Diese könnte – ebenso wie eine Erhöhung der Zahl von Organspendern – dem Mangel an Spenderorganen entgegenwirken.“
Weiter führt Prof. Dr. Dr. Oellerich aus: „Die Bestimmung der dd-cfDNA ist daher in den USA seit über einem Jahr in die Regelversorgung von Nierenempfängern aufgenommen, und es bleibt zu hoffen, dass dieser innovative Test mit großem Zusatznutzen auch in Deutschland den Patienten zeitnah zur Verfügung steht“.
Prof. Dr. Schütz: „Wir sahen uns sehr in der Einschätzung durch die Gutachter bestätigt, die den Test als „nahezu marktreif“ bewertet haben. Um den Test nun in die Versorgung zu bringen, haben wir mit amedes einen sehr starken Partner mit großer Innovationskraft gewinnen können“.
Daten zur klinischen Validität des Tests aus einer großen Multicenterstudie bei Lebertransplantierten waren bereits vorher veröffentlicht worden2.
Unter dem Namen TheraSure-Transplant Monitor wird dieser Test ISO/EN 15189 akkreditiert im Labor der amedes genetics unter dem Label Liquid-Biopsy-Center durchgeführt.
Nähere Informationen unter www.liquidbiopsy.center.
Referenz:
1) Oellerich, M; Schütz, E et al. (2019): Absolute Quantification of Donor‐Derived Cell‐Free DNA as a Marker of Rejection and Graft Injury in Kidney Transplantation ‐ Results From a Prospective Observational Study. American Journal of Transplantation. https://doi.org/10.1111/ajt.15416
2) Schütz, E; Oellerich M, et al. (2017): Graft-derived cell-free DNA, a noninvasive early rejection and graft damage marker in liver transplantation: A prospective, observational, multicenter cohort study. Plos Medicine. https://doi.org/10.1371/journal.pmed.1002286
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Die amedes-Gruppe bietet an über 60 Labor- und Praxisstandorten in Deutschland und Belgien interdisziplinäre und medizinisch-diagnostische Dienstleistungen für Patienten, niedergelassene Ärzte und Kliniken an. Insgesamt werden täglich mehr als 150.000 Laborproben von speziell qualifizierten Mitarbeitern nach dem neuesten Stand der Wissenschaft und Technik bearbeitet. Zudem werden jährlich über 450.000 Patienten von amedes-Spezialisten behandelt. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf dem Bereich der gynäkologischen und internistischen Endokrinologie. Ein breites Spektrum an Dienst- und Beratungsleistungen für Labore in Kliniken und Arztpraxen erweitert das Angebot. Mit mehr als 3.500 Mitarbeitern - darunter über 350 Ärzte und wissenschaftliche Mitarbeiter - ist amedes eines der größten Unternehmen in diesem Bereich.